ZDF heute hat geschrieben:USA: Mit Knarre
in die Schule
Lehrer in texanischer Dorfschule werden bewaffnet
An einer kleinen Schule im US-Bundesstaat Texas dürften die Lehrer nach den großen Ferien mit gemischten Gefühlen in das neue Schuljahr starten: Erstmals nehmen sie neben ihren Büchern Waffen mit in den Unterricht.
Die abgelegene Schule mit 110 Kindern an der Grenze zu Oklahoma ist damit vermutlich die erste, die Waffen im Klassenzimmer erlaubt. Nach Angaben des Schulamtes ist die Bewaffnung der Lehrer die einzige Möglichkeit, die Sicherheit in dem alten Backstein-Schulhaus zu gewährleisten. Die nächste Polizeidienststelle ist 30 Minuten entfernt.
Wichtige Waffenkontroverse
"Wie halten Sie einen auf, wenn er wütend ist und unvernünftig? ", fragt David Thweatt von der örtlichen Schulbehörde. Nach Meinung von Kritikern sind Waffen im Umfeld von Kindern jedoch viel gefährlicher als die hypothetische Bedrohung durch einen wirren Amokläufer.
"Welches Risiko ist größer: Dass jemand versehentlich im Klassenzimmer einen Schuss auslöst und - Gott bewahre - einen Schüler trifft, oder dass jemand vom Highway runter in die Schule kommt und wild um sich schießt?", fragt Doug Pennington, Sprecher der Brady Campaign, einer US-Initiative gegen Waffengewalt. Im Grunde seien Amokläufe sehr selten, nur würden sie sofort Schlagzeilen machen, so Pennington. Weniger als ein Prozent der Opfer von Tötungsdelikten im Schulalter sterben nach seinen Angaben in der Schule oder auf dem Schulweg.
Bewaffnetes Unterrichten möglich
Die Lizenz zum Waffentragen erteilte die Schulbehörde ihren Angestellten im vergangenen Oktober. Verdeckt dürfen sie jetzt auf dem Schulgelände Pistolen und Revolver mitführen. Für das bewaffnete Unterrichten brauchen sie eine Genehmigung von der Schulbehörde, einen Waffenschein und einen Kurs in Krisenmanagement.
Die Waffen müssen getragen und nicht im Schrank eingeschlossen werden, und sie müssen mit Munition geladen sein, die beim Aufprall in Pulver zerfällt und nicht zum Querschläger wird.
Kritik an Bundesgesetz
In den vergangenen Jahren starben in den USA bei Amokläufen in Schulen, Universitäten, Einkaufszentren und Kirchen zahllose Menschen. Leute wie Thweatt machen ein Bundesgesetz von 1995 für die Gewalt verantwortlich, das solche Areale zu "waffenfreien Zonen" erklärte.
"Dorthin könnten die Leute gehen, wenn sie in Rage so viele Menschen wie möglich erschießen wollen", sagt er. Zwei Jahre hat er sich nach eigenen Angaben mit dem Thema beschäftigt. In dieser Zeit ließ er modernste Sicherheitssysteme für mehr als 100.000 Dollar (67.800 Euro) in seine Schule einbauen.
Was gibt Sicherheit?
Aber sogar mit schlüssellosem Zugangssystem, Kameraüberwachung, Zentralverriegelung und einem Telefon in jedem Klassenzimmer fühlt Thweatt sich nicht sicher. Ein Verbrechen wie an einer Amish-Schule in Pennsylvania im Jahr 2006 hätte er damit nicht verhindern können, glaubt er.
Damals erschoss ein Amokläufer in einer kleinen Dorfschule fünf Mädchen. Auch den geistig verwirrten Studenten, der an der Virginia Tech Universität im vergangenen Jahr ein Massaker verübte, hätten die Schutzmaßnahmen nicht abgehalten. Dort starben 32 Menschen, 23 wurden verletzt. "Die waren eine leichte Beute", sagt Thweatt.
Leute vom Land im Visier
Die Entscheidung, Lehrer zu bewaffnen, sei in der Rancher-Gemeinde Harrold nachvollziehbar, glaubt Bridget Knight aus dem nahen Vernon. "Für Harrold ist das vollkommen einleuchtend." Im windgepeitschten Land der Rancher gehörten Gewehre einfach dazu. Vielleicht müssten die Lehrer statt einem Amokläufer ja auch eine Schlange aufhalten, oder auf Wildschweine, Hyänen oder Kojoten schießen, die auf den Spielplatz liefen. "Das sind Leute vom Land. Sie wachsen mit Waffen auf. Es ist nichts Ungewöhnliches."
Nach Ansicht von Kristina Tirloni von der Vereinigung texanischer Lehrer legitimiert das noch lange nicht den Einsatz von Waffen im Klassenzimmer. Sie nennt die neue Regelung "extrem". Einem Lehrer auch noch die Aufgaben eines Sicherheitsdienstes aufzubürden sei "eine Menge Verantwortung für jemanden, der schon eine Menge Verantwortung im Klassenzimmer hat".
Quelle:
https://www.heute.de/ZDFheute/inhalt/6/ ... 98,00.html